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Stiftung Presencia

Mai 2023
DER BERG RUTSCHT

Kolumbien gehört zu den Ländern, die von den Auswirkungen des Klimawandels am meisten betroffen sind. Arme Menschen sind besonders gefährdet.

Schneebedeckte Andengipfel, paradiesische Karibikinseln, der Dschungel des Amazonas, Wüsten und weite, feuchte Ebenen: Die natürliche Vielfalt Kolumbiens ist ihr grösster Schatz, der auch von immer mehr Besucherinnen und Besuchern aus dem Ausland entdeckt wird. Aber dieser Schatz ist gefährdet. Obwohl Kolumbien selbst nur 0,6 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verursacht, gehört es zu den 20 Ländern, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. 

Wetterextreme nehmen zu
Für Kolumbien wird ein Anstieg der Durchschnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts von mehr als zwei Grad Celsius erwartet. Zu den Auswirkungen gehören ein ansteigender Meeresspiegel, der Küsten und Inseln verschwinden lässt, akuter Wassermangel, mehr Waldbrände und sintflutartige Regenfälle. Auch «El Niño» wird stärker. Dieses Wetterphänomen tritt durchschnittlich alle vier Jahre auf und wird durch Schwankungen der Wassertemperaturen im Pazifik ausgelöst. «El Niño» beeinflusst das Wetter auf drei Vierteln der Erde. Er bringt je nach Weltregion Überschwemmungen, Stürme oder Trockenheit. 

Wenn Regen zur Bedrohung wird
In den Anden, wo auch Medellín liegt, ist es vor allem der Starkregen, der Menschen und Infrastruktur bedroht. Häufigere und stärkere Regenfälle führen zu Überschwemmungen, Erdrutschen und unpassierbaren Strassen. Die engen, dicht besiedelten Armenviertel an den Hängen der Stadt sind besonders gefährdet. Die Häuser und Hütten sind schlecht gebaut und nicht selten in Risikozonen. Und es entstehen laufend neue, illegale Siedlungen an den Rändern der Stadt, weil immer mehr arme Menschen die Stadt als Ort sehen, wo sie vor Konflikten auf dem Land geschützt sind und Arbeit finden.  

Presencia hilft unbürokratisch
Aus gefährdeten Zonen wegzuziehen und an einem anderen Ort ein neues Haus zu bauen, ist für die wenigsten Menschen möglich. Staatliche Unterstützung für eine Umsiedlung gibt es höchstens punktuell und oft erst, nachdem ein Unglück bereits eingetreten ist. Sind aber Familien von Begünstigten gefährdet, hilft Presencia und unterstützt mit schützenden Massnahmen. So wurde zum Beispiel letztes Jahr eine Stützmauer gebaut, um ein am Steilhang gelegenes Haus zu sichern. Die neue Mauer verhindert, dass bei einem Erdrutsch nach Starkregen die Schlafzimmerwände einstürzen und Familienmitglieder unter sich begraben könnten.

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Eine Stützmauer schützt das Haus der Presencia-Begünstigten vor Erdrutschen. (Bild: Stiftung Presencia)

März 2023
BESUCH VOR ORT

Im Februar hatte das Projektteam in Medellín erstmals Besuch von zwei Förderstiftungen, die sich unsere Stiftung direkt vor Ort ansehen wollten. Der direkte Austausch und das hautnahe Erleben der Arbeit und Aufgaben in den Armenvierteln war für alle Beteiligten aufschlussreich und wertvoll. Die Förderstiftung erhielt einen tiefen Einblick in das tägliche Geschehen, die Herausforderungen, aber auch in die persönliche Betreuung der Begünstigten, auf die die Stiftung Presencia besonderen Wert legt.
Wenn auch Sie als Förderstiftung oder private/r Spender/in unsere Stiftung in Medellín besuchen möchten, können Sie gerne mit uns Kontakt aufnehmen.
Wir freuen uns, Ihnen unsere Arbeit und Wirkung persönlich zu zeigen!

Dezember 2022
LÖCHER IM PORTEMONNAIE

Über 12 Prozent beträgt die Inflation in Kolumbien durchschnittlich in diesem Jahr. Das bekommen die ärmeren Bevölkerungsschichten besonders stark zu spüren.

In vielen Ländern der Welt und Lateinamerikas beschäftigt die Inflation Wirtschaft und Politik. Auch in Kolumbien ist sie fast täglich in den Schlagzeilen, denn seit 23 Jahren war sie nicht mehr so hoch wie jetzt. Über 12 Prozent betrug sie im November. Dabei weisen sich die neue Regierung von Gustavo Petro und die rechte Opposition gegenseitig die Schuld zu. Geholfen ist damit niemandem. 

Vor allem die ärmere Bevölkerungsschicht leidet im Alltag darunter, dass im Einkaufskorb immer weniger drin ist. Lebensmittel wie Fleisch (+13 Prozent), Gemüse (+16 Prozent), Milchprodukte (+ 19 Prozent) und Früchte (+ 16 Prozent) sind teurer geworden, ebenso Dienstleistungen wie Restaurants und Hotels. Auch steigende Transportkosten und höhere Preise für Strom, Wasser und Gas machen den Leuten Sorgen. Dabei ist die Situation je nach Region unterschiedlich. Während Cúcuta an der Grenze zu Venezuela sehr stark betroffen ist, sieht es zum Beispiel in Bogotá etwas besser aus. 

Auch im Budget der Stiftung Presencia schlagen die hohen Preise zu Buche. „Allein für die Verpflegung unserer Begünstigten haben wir zum Beispiel im Oktober 2022 13 Prozent mehr ausgegeben als im gleichen Monat ein Jahr zuvor“, sagt Team- und Projektleiterin Sandra Milena Sánchez Valderrama. Auch die Mietkosten für die beiden Standorte „El Limonar“ und „Mi Casita“ sind deutlich höher. Gleichzeitig profitiert die Stiftung davon, dass der Peso gegenüber dem Schweizer Franken stark an Wert verloren hat und dadurch mit den gleichen Spenden mehr Leistungen finanziert werden können. 

Für die kolumbianische Bevölkerung ist die Lage bitter.
2022 liegt der monatliche Mindestlohn noch bei einer Million Pesos, umgerechnet etwa 195 Franken. Der grösste Teil des Budgets – etwa 30 Prozent –wird für Lebensmittel verwendet, gefolgt von Mieten und Transportkosten. Je nach Ort und Quartier kosten aber bereits Strom und Wasser für eine 85 Quadratmeter-Wohnung zwischen 180'000 und 510'000 Pesos (35 – 100 Franken). Die Diskussionen um die Erhöhung des Mindestlohns im nächsten Jahr sind in vollem Gang, ein Ende der schwierigen Wirtschaftslage ist nicht absehbar. 

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Mai 2022
HURRA, ENDLICH WIEDER SCHULE!

Nach dem Lockdown im März 2020 herrschte an den kolumbianischen Schulen für lange Zeit der Ausnahmezustand. Erst seit anfangs Jahr besuchen die Kinder wieder den normalen Unterricht. Vier Presencia-Kinder erzählen, warum sie so gerne zurück ins Schulhaus gehen. 

In der Schweiz wurde nur wenige Monate ausschliesslich virtuell unterrichtet, in Kolumbien hingegen von März 2020 bis Juni 2021, danach in einer Kombination von viel virtuellem und wenig Präsenzunterricht. Wegen der strengen Lockdown-Vorschriften durften Kinder und Jugendliche auch lange Zeit kaum ins Freie. So lange daheim zu sein, fiel ihnen sehr schwer. Zum Beispiel Maria Sarai. Sie ist zehn Jahre alt und besucht die fünfte Klasse. Sie langweilte sich daheim. Und ihr fehlten ihre Freundinnen und Freunde, aber auch ihre Lehrpersonen. Trotz der Möglichkeit, sie virtuell zu sehen? 

Vieles, das am Lernen hindert
Sowohl Lehrkräfte als auch Kinder kämpften im virtuellen Unterricht mit technischen Problemen und schlechter Infrastruktur. Sobald sich alle einloggten, bei Stromausfall, starkem Regen oder wenn alle die Kameras einschalteten, ging oft lange Zeit gar nichts mehr. Der Schulstoff blieb unklar, Fragen der Kinder unbeantwortet und ein echter Austausch untereinander war unmöglich. «Wenn das Internet blockiert war, bin ich häufig eingeschlafen», berichtet der neunjährige Emmanuel, Wunschberuf Polizist, der in die vierte Klasse geht. Auch das unbequeme Sitzen am Küchentisch, Lärm und Ablenkung im Hintergrund erschwerten den Kindern das Lernen. Je nach Schule wurde nur zwei Stunden pro Tag unterrichtet – oder sogar noch weniger. Die neunjährige Nicole, die Vorschullehrerin werden möchte, wechselte deshalb in eine Schule mit mehr Präsenzunterricht.

Schlechtere Noten
Bei vielen Kindern sank wegen des virtuellen Unterrichts der Notenschnitt. Nicole sagt: «Wir mussten viel abschreiben und nachher die Aufgaben alleine lösen. Aber ich wusste gar nicht wie und ob meine Lösungen richtig waren. Meine Mutter konnte mir nicht helfen, deshalb sind meine Noten schlechter geworden.» Auch weil technische Probleme nicht selten als Ausrede für nicht gemachte Aufgaben vorgeschoben wurden, verteilten Lehrerinnen und Lehrer schlechte Noten. «Manchmal war das Internet plötzlich weg, wenn ich meine Hausaufgaben vorgestellt habe. Dann bekam ich eine schlechte Note, weil die Lehrerin gemeint hat, ich habe meine Aufgaben nicht erledigt», erzählt Emanuel frustriert. 

Die grosse Freude über die Rückkehr
Im Januar 2002 kam der ersehnte Moment. Maria Sarai jubelt: «Endlich sind wir nicht mehr daheim eingeschlossen – Schluss mit der Langeweile!» Emanuel sagt: «Ich war sehr glücklich, in die Schule zu gehen, aber es fühlte sich auch komisch an in den grossen Räumen.» Für ihn war die erste Pause am schönsten: «Nach so langer Zeit können wir endlich wieder zusammen spielen und unser Essen teilen.» Nicht einfach war die Rückkehr für die elfjährige Maria Paulina. Wegen ihrer Atemprobleme musste sie zuerst ihre Mutter und die Lehrer davon überzeugen, sie in die Schule zu lassen. Jetzt hat sie dort viele neue Freundinnen gefunden. Sie sitzt in der vierten Reihe. «Dort gefällt es mir, denn wenn ich Hilfe brauche, sind alle nah», sagt sie. Auch die anderen Kinder erzählen, dass sie erst im Präsenzunterricht wieder die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Und der Unterricht sei interessanter, disziplinierter und abwechslungsreicher. 

Jetzt muss aufgeholt werden
Hatte der virtuelle Unterricht auch etwas Positives? Maria Paulina sagt: «Ich konnte mehr Zeit mit meiner Mutter verbringen und sie hat mir öfter bei den Aufgaben geholfen.» Und Maria Sarai gefiel es, später aufzustehen und während des Unterrichts jederzeit zu essen oder aufs Klo zu gehen, ohne um Erlaubnis zu bitten. Aber Emmanuel, Nicole, Maria Sarai und Maria Paulina sind sich einig: Virtueller Unterricht macht keinen Spass, der Präsenzunterricht hingegen schon. Ganz einfach wird es trotzdem nicht. Jetzt wollen sie den verpassten Schulstoff wieder aufholen, damit sie keine Klasse wiederholen müssen. 

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Dezember 2021
Auswirkungen der Corona-Pandemie in Kolumbien

2021 war Covid-19 in Kolumbien nach wie vor allgegenwärtig. Der Lockdown und seine wirtschaftlichen Auswirkungen waren besonders hart für die Menschen in den Armenvierteln. Durch Ausgangssperren verloren sie die Lebensgrundlage: Viele sind im informellen Arbeitssektor tätig. Sie verkaufen Lebensmittel und weitere Güter des täglichen Bedarfs auf der Strasse, sind nicht versichert und können kein Geld zurücklegen, um Zeiten ohne Einkommen zu überbrücken. Obwohl staatliche Hilfsgelder versprochen wurden, leben die Ärmsten der Armen in prekären Verhältnissen. Sie kämpfen ums tägliche Überleben.   

Armut auf Höchststand
Im Frühling 2021 wurden viele Covid-19-Massnahmen gelockert, da die Hospitalisierungsfälle gesunken waren. Die Lebensbedingungen blieben aber schlecht, unter anderem auch aufgrund eines Steuerreformgesetzes, das die Regierung im April 2021 angekündigt hatte. Die Verzweiflung der Menschen entlud sich in zahlreichen Protestaufmärschen, die von Polizei und Armeeangehörigen gewaltsam in Schach gehalten wurden. Die Regierung sah sich gezwungen, das Gesetz zurückzuziehen. Die Verzweiflung der Bevölkerung hielt jedoch an, in vielen Städten – darunter auch in Medellín – zogen sich die Proteste über Wochen hin. Dabei wurden zahlreiche Demonstranten getötet und über 100 werden zurzeit noch vermisst.   
In keinem anderen südamerikanischen Land hat die Armut während der Pandemie so stark zugenommen wie in Kolumbien. 42% der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, 60 % von ihnen sind auf Arbeit im informellen Sektor angewiesen. Das Land verzeichnet über 130'000 Corona-Tote.  

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Mai 2021
Proteste und Gewalt auf dem Höhepunkt der dritten Covid-Welle

Trotz rekordhoher Corona-Fallzahlen und vollen Spitälern gehen Kolumbianerinnen und Kolumbianer seit Tagen in den grossen Städten des Landes auf die Strasse. Ihre Unzufriedenheit mit der Politik ihrer Regierung ist grösser als die Angst vor dem Virus.

Worum geht es?
Kolumbien kämpft mit einer gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Krise. Armut, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit sind seit Pandemiebeginn massiv gestiegen. Die kolumbianische Wirtschaft schrumpfte letztes Jahr um 7 Prozent, der grösste Rückgang seit einem halben Jahrhundert. Die Armut wuchs von 36 auf 43 Prozent und die Arbeitslosigkeit liegt im Schnitt bei 17, in einigen Regionen bei über 20 Prozent. 

Viele Herausforderungen
Dazu kommt die Flüchtlingskrise mit rund zwei Millionen Geflüchteten aus Venezuela im Land und wenig Unterstützung von der internationalen Gemeinschaft. Und natürlich das Coronavirus: Impfkampagnen sind seit Mitte Februar im Gang, aber die Impfstofflieferungen treffen nur tröpfchenweise ein, während andere Länder Südamerikas wie Chile bereits viel mehr Menschen impfen konnten. Die dritte Welle trifft jetzt Kolumbien mit ganzer Härte. 

Im Zentrum des Sturms: die Steuerreform
Die Regierung Duque will mit einer Steuerreform – deren Notwendigkeit im Grundsatz unbestritten ist, aber der Zeitpunkt denkbar schlecht – neue Mittel beschaffen und so das Finanzloch stopfen, das die Pandemie gerissen hat. Teil der Reform ist auch mehr Unterstützung für die Ärmsten sowie ein Fonds für Umweltschutz. 

Mehreinnahmen auf dem Buckel der Ärmsten
Die Reform belastet jedoch stark die Mittel- und Unterschicht, indem zum Beispiel die Mehrwertsteuer von 19% auch auf Grundnahrungsmittel erhoben werden soll und auf die Wasser-, Strom- und Gasversorgung. Auch soll die Grenze für steuerbefreite Einkommen heruntergesetzt werden. Über 70% des neuen Geldes soll aus den Taschen der Privatpersonen kommen, nur ein kleiner Teil aus der Wirtschaft. Nicht nur die Ärmsten protestieren in der Angst, dass ihnen noch weniger zum Leben bleibt. Auch viele aus der Mittelklasse befürchten, dass diese Reform sie in die Armut treiben wird. 

Friedliche Mehrheit, aber Gewalt am Rande
Die grossen Gewerkschaften bestimmten den 28. April als nationalen Streiktag. Auch ein kurzfristiger richterlicher Beschluss, der die Demonstrationen wegen der Pandemie verbieten wollte, konnte die Organisatoren nicht umstimmen. Neben den Gewerkschaften beteiligten sich auch Studenten, indigene Gruppen, Künstler und viele andere Gruppen und Organisationen an den Protestmärschen. Die meisten Protestkundgebungen verliefen friedlich. Aber es kam auch zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten, die Tote und Verletzte forderten. Der massive, unverhältnismässige Gewalteinsatz der Esmad, der Aufstandsbekämpfungseinheit der kolumbianischen Nationalpolizei, wird international verurteilt. 

Opferzahlen unklar
Bei den Protesten der letzten Tage sind – gemäss offiziellen Zahlen – 20 Menschen ums Leben gekommen, über 800 wurden verletzt, 87 sind verschwunden. Besonders betroffen ist die drittgrösste Stadt Cali. Die Zahl der Toten im Land wird weiter steigen und dies nicht nur, weil die Proteste andauern. Verschiedene Quellen sprechen schon jetzt von über dreissig Toten und viel mehr Verletzten. Ausserdem wird von Attacken gegen die Presse, sexueller Gewalt der Polizei gegenüber Festgenommenen sowie Folter berichtet. Klar sichtbar sind die enormen Sachschäden, die auch von Gruppen stammen, die das Chaos für ihre Zwecke ausnützen: angezündete Busse, zerstörte Haltestellen, eingeschlagene Scheiben, geplünderte Geschäfte etc. 

Was haben die Proteste bewirkt?
Am 2. Mai zog Präsident Duque die Reform zurück. Er sucht nun den Dialog mit allen Beteiligten, um einen stärker auf Konsens ausgerichteten Reformvorschlag auszuarbeiten. Als ersten Schritt hat er nach dem Rücktritt des Finanzministers einen neuen Verantwortlichen für die Reform eingesetzt. Aber elf Monate vor den nächsten Präsidentschaftswahlen hat er mit diesem ungeliebten Thema einen politisch schweren Stand. 

Die Proteste gehen weiter
Trotz dieser Dialogbereitschaft gehen die Menschen auch in den nächsten Tagen weiter auf die Strasse. Der nächste nationale Streiktag ist am 5. Mai. Die Steuerreform hat ein Fass zum Überlaufen gebracht, das schon lange übervoll war. Die aktuellen Proteste sind denn auch die Fortsetzung der grossen Demonstrationen von Ende 2019, bei denen es unter anderem um die verschleppte Umsetzung der Friedensverträge mit der FARC-Guerilla ging, das marode Pensions-, Gesundheits- und Bildungssystem sowie die grossen wirtschaftlichen Ungleichheiten im Land. 2021 sind noch mehr Themen dazugekommen.

Kolumbien wird – trotz Pandemie – so schnell nicht zur Ruhe kommen.

 

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April 2021
Kleine Schritte vorwärts

Seit Kurzem können die Bildungsinstitutionen in Medellín alternierenden Unterricht anbieten. Das bedeutet, dass jeweils die Hälfte der Klasse vor Ort ist, während die andere Hälfte den Unterricht von daheim aus verfolgt. Dieses System kommt zum Einsatz, falls es die epidemiologische Lage zulässt und Schutzkonzepte vorliegen. 

Keine Schutzkonzepte, keine Lehrpersonen
Die Schulen in den Armenvierteln haben meist weder genügend Platz, noch genügend Geld für die Hygienemassnahmen. Die Schutzkonzepte zu erfüllen, ist für sie deshalb nicht möglich. Ausserdem braucht es Lehrerinnen und Lehrer, die bereit sind, zu unterrichten. Aber viele weigern sich, weil sie keine gute Krankenversicherung haben oder Risikopersonen sind. Zudem müssen die Eltern der Kinder und Jugendlichen ihre schriftliche Einwilligung geben. 

Nur eine von drei Schulen mit alternierendem Unterricht
Momentan bietet nur eine von drei Schulen, an denen Presencia-Kinder sind, alternierenden Unterricht an. Dort gehen circa ein Viertel der Kinder zwei Tage pro Woche zur Schule. Die Grösse der Klassen wurde von 45 auf 15 reduziert. Die anderen Schülerinnen und Schüler lernen immer noch von zuhause aus. Die anderen zwei Schulen im Quartier Limonar sind weiterhin geschlossen. Sie haben kein oder noch kein gültiges Schutzkonzept. 

Unterschiedliche Regeln auf Stufe Universität
Die meisten Universitäten wollen ab dem 1. April alternierenden Unterricht anbieten. Die Anzahl Studierende ist dabei auf 30% der üblichen Menge limitiert. Die Universitäten haben verschiedenste Spezialregeln, die bestimmen, welche Studierenden den Unterricht besuchen können und welche nicht. Einige Universitäten bleiben ganz beim digitalen Unterricht.  

Workshops vor Ort geplant
Währenddessen bereitet sich das Team der Stiftung Presencia in Medellín darauf vor, wieder Workshops vor Ort anzubieten. Diese sollen jedoch nur in Kleinstgruppen von maximal 10 Kindern stattfinden, und wenn immer möglich im Freien. Teilnehmen sollen vor allem jene Kinder, die schlechten Internetzugang haben und solche, die gefährdet sind, aus dem Schulsystem auszuscheiden. 

Ob sich diese Pläne realisieren lassen, wird der weitere Pandemieverlauf zeigen. Immerhin wird auch in Kolumbien seit Mitte Februar geimpft. Aber die Fallzahlen steigen unabhängig davon wieder an.

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September 2020
Coronavirus: Die Situation bleibt schwierig

Nach über fünf Monaten Lockdown ist Kolumbien im Kampf gegen die Pandemie in eine neue Phase eingetreten. Seit dem 1. September steht die Bevölkerung in der Pflicht, sich mit Hygienemassnahmen und Social Distancing vor Ansteckung und Verbreitung des Virus zu schützen.

Einschränkungen im öffentlichen Leben
In der Öffentlichkeit gelten strenge Regeln wie die allgemeine Maskenpflicht, Beschränkung der Anzahl Personen, häufige Desinfektion der Hände und Schuhe sowie Eingangskontrollen. Grössere Menschensammlungen sind verboten. Schulen und Universitäten bleiben deshalb bis mindestens Ende Jahr zu. 

Herausforderung Homeschooling
Schülerinnen, Schüler und Studierende holen den Lernstoff vor Ort ab oder erhalten ihn digital zugeschickt respektive über digitale Plattformen vermittelt. Für viele ist das Lernen daheim eine grosse Herausforderung, denn sie haben dort weder gute Infrastruktur noch die Förderung und Hilfe, die sie brauchen. 

Wie unterstützt Presencia?
Presencia ist mit den betreuten Familien regelmässig in telefonischem Kontakt und weiss so immer, wie es den Kindern und Jugendlichen geht. Zusätzlich führt das Team wöchentliche Online-Workshops durch, in denen soziale Kompetenzen gefördert, schulische Probleme besprochen und Freizeitaktivitäten durchgeführt werden. Weil viele Presencia-Familien kein Einkommen mehr haben, erhalten sie Lebensmittel und finanzielle Hilfe. 

Sinkende Fallzahlen
Am 22. September hat Kolumbien total rund 778'000 Covid19-Fälle und bald 25'000 Verstorbene zu beklagen. Medellín ist wie andere kolumbianische Grossstädte stark betroffen. Immerhin: Sinkende Fallzahlen machen Hoffnung, dass das Schlimmste überstanden ist.

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Mai 2020
Bevölkerung in den Armenvierteln Kolumbiens leidet Hunger

Viele Bewohner und Bewohnerinnen der Armenviertel Kolumbiens leiden aufgrund der von der Regierung verhängten Ausgangssperre Hunger. Sie dürfen das Haus nicht verlassen und haben kein Einkommen mehr. Laut nationalen Statistiken sind 47.3% der erwerbstätigen Personen Kolumbiens im informellen Sektor tätig. Andere Quellen gehen von 60% oder, je nach Viertel, gar von 80% aus. Sie und Menschen, den aufgrund der Massnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie gekündigt wurde, sind besonders von Hunger betroffen. Die Regierung hat zwar Hilfe versprochen, diese erreicht aber bei weitem nicht alle.

Auch im Armenviertel El Limonar in Medellín, in welchem die Stiftung Presencia tätig ist, kommt die Hilfe des Staates nicht an. Zu weit ist dieses vom Stadtzentrum entfernt.

April 2020
Coronavirus: Massnahmen der Stiftung Presencia in Medellín

In Kolumbien gilt seit dem 23. März eine Ausgangssperre. Die Schulen und Bildungsinstitutionen sind seit dem 16. März geschlossen, der Unterricht findet digital statt. Davon sind alle Begünstigten der Presencia-Projekte betroffen. 
Damit wir sie und ihre Familien weiterhin betreuen können, haben wir folgende Massnahmen ergriffen:

Betreuung in Gruppen sowie Gruppenaktivitäten finden nicht mehr statt. Kinder, Jugendliche und ihre Familien werden von unseren Fachkräften wöchentlich telefonisch betreut.

Begünstigte des Sozialbegleitungsprojektes erhalten jede zweite Woche einen Warenkorb mit den wichtigsten Lebensmitteln und werden per Whatsapp im Homeschooling betreut.

Presencia-Mitarbeiter/innen arbeiten zuhause. Teambesprechungen finden digital statt.

Die Workshops für Stipendiaten/innen und Lernende finden inhaltlich wie geplant aber digital statt.

Begünstigte erhalten Datenpakete, damit sie am Online-Unterricht teilnehmen können.

Dezember 2019
Die Stiftung Presencia im SRF-Beitrag «Mitenand» vom 22. Dezember 2019

In den Armenvierteln von Medellín prägen Armut, Drogen, Gewalt und Perspektivenlosigkeit den Alltag der Menschen. Der SRF-Beitrag erzählt die Geschichte von Camila, die als Kind von ihren drogenabhängigen Eltern vernachlässigt wurde. Die Stiftung Presencia betreut die heute 17-jährige Camila seit ihrem 3. Lebensjahr. Bald wird sie dank der Unterstüzung aus der Schweiz ein Studium absolvieren.

Dezember 2018
Spenderin erzählt über ihren Besuch in Medellín

«Die Eindrücke, die ich in Medellín mit den Projektverantwortlichen erfahren durfte, sind für mich unglaublich wertvoll und ich kann es kaum in Worte fassen, was ich in dieser kurzen Zeit alles für Eindrücke sammelte. Es hat mich sehr bewegt und ich bin sehr berührt, wie die Stiftung Presencia die Kinder und Familien unterstützt. Unglaublicher Einsatz des Teams und viele Projekte, die diesen Kindern und Familien sinnvoll helfen, mit so viel Engagement und Herzblut seitens des Teams der Stiftung Presencia. Die Stiftung setzt sich mit viel Engagement für die Armen in Medellín ein und kann so dazu beitragen, dass Kinder und Familien profitieren. Ich bringe der Stiftung Presencia für die Arbeit, die sie in diesen Armenvierteln vollbringt, meinen vollen Respekt entgegen.  
Die Projektverantwortlichen haben mir so viel in der kurzen Zeit gegeben und ich kann meinen Dank kaum in Worte fassen. Der Geschäftsführer in Medellín hat trotzdem, dass er krank war, mich an den Flughafen gefahren und Sandra Sánchez hat mich in Medellín herumgeführt, wozu ich diesen beiden von ganzem Herzen danke.»

Januar 2018
Erweiterte Zusammenarbeit in Kolumbien

Seit 1.1.2018 arbeiten wir in Medellín mit einer zweiten Tochterorganisation zusammen: Mit der neu gegründeten «Fundación Acoger y Acompañar» (Stiftung Geborgenheit geben und begleiten) können wir das Sozialbegleitungsprogramm und das Stipendienprogramm eigenständig und effizienter weiterentwickeln.
Unsere 1983 gegründete Tochterorganisation Presencia in Medellín hatte sich im Verlauf der letzten Jahre zu einer grossen, eigenständigen und erfolgreichen sozialen Institution entwickelt. Sie arbeitet eng mit staatlichen kolumbianischen Akteuren zusammen, die «Schweizer Projekte» waren nur noch ein kleiner Teil ihrer Aktivitäten.
«Acoger y Acompañar» steht unter der Leitung von Jaime Zuluaga Soto, er hatte zuvor die von der Stiftung Presencia finanzierten Projekte bei Presencia geleitet. Sandra Sánchez hat ebenfalls zur neuen Organisation gewechselt. Sie ist seit 20 Jahren für uns im Einsatz und hatte bis Ende 2017 unsere Projekte bei Presencia koordiniert.
Für die Begünstigten des Sozialbegleitungs- und des Stipendienprogramms hat sich nichts geändert: Sie werden unterstützt wie bisher und von den gleichen Mitarbeitenden bzw. Bezugspersonen betreut.
Die Organisation Presencia bleibt unsere Partnerin im Programm Berufsausbildungen. In der Lehrwerkstatt führen wir bis anhin gemeinsam die einjährigen Berufslehrgänge sowie Kurzausbildungen durch und betreiben die Bibliothek.

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August 2015
Ziel «Hilfe zur Selbsthilfe» erreicht – Projektarbeit erfolgreich abgeschlossen

Mitte Juli 2015 konnten wir unseren Einsatz in «La Iguaná» nach 33 Jahren erfolgreich abschliessen. In diesem Armenviertel Medellins hatte die Arbeit der Stiftung Presencia in den frühen 1980er Jahren ihren Anfang genommen.
Bei einem festlichen Akt hatten unsere Mitarbeitenden vom Iguana-Viertel Abschied genommen, wehmütig, aber auch etwas stolz. In den langen Jahren vor Ort konnten wir massgeblich dazu beitragen, dass sich die Lebensbedingungen der Bewohner nachhaltig verbessert und die Armut abgenommen hat. Das haben wir in «La Iguaná» haben wir erreicht:

93 Prozent der Presencia-Begünstigten haben die reguläre Schulzeit erfolgreich abgeschlossen

25 Prozent von ihnen konnten mit einem staatlich anerkannten Lehrabschluss, 46 Prozent mit einem Universitäts- bzw. Hochschulabschluss aus den Presencia-Programmen entlassen werden

74 Prozent aller Begünstigten haben eine Festanstellung im formalen Arbeitsmarkt gefunden. Sie können heute mit einem regelmässigen Einkommen rechnen und ein selbstbestimmtes Leben führen.

In anderen Stadtteilen Medellíns wird Hilfe nach wie vor dringend benötigt. Hier bauen wir unsere Arbeit aus.

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Der neue Stiftungspräsident vor Ort

Oscar Olano, neuer Stiftungspräsident und Nachfolger von Andreas Hauri, ist im März 2015 mit der Geschäftsführerin Nina Müller nach Medellín gereist. Lesen Sie seine Eindrücke von der Arbeit unserer Fachkräfte vor Ort:

Oscar Olano (rechts) im Gespräch mit dem Leiter der Abteilung Erzierhung und Sozialarbeit Jaime Zuluaga


Der vorbildliche Kolumbianer – ein Preis von nationaler Bedeutung

Die Arbeit von Presencia ist in Kolumbien mehrfach gewürdigt worden. Zwei von vielen Auszeichnungen:
2008 ist Andreas P. Hauri von der Stadt Medellin für seine Verdienste in der Verbesserung der Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen ausgezeichnet worden – als erster Ausländer, mit einer Silbermedaille.
2013 hat unsere Tochterorganisation in Medellin die Auszeichnung «El Colombiano Ejemplar» (Der Musterkolumbianer) in der Kategorie «Solidarität» erhalten. Der von der Tageszeitung «El Colombiano» vergebene Preis geht jährlich an Institution bzw. eine Person, die sich für benachteiligte Menschen einsetzt und andere inspiriert, sich gemeinsam und konstruktiv für das Wohl der Gesellschaft einzusetzen

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