Bandenkriege und Ausgangssperren

Luz Nelly (im roten T-Shirt), Soziologin und Betreuerin der Stiftung Presencia, mit Jugendlichen in Apartadó (Bild: Stiftung Presencia)
Luz Nelly (im roten T-Shirt), Soziologin und Betreuerin der Stiftung Presencia, mit Jugendlichen in Apartadó (Bild: Stiftung Presencia)

Sicherheitslage: Besser, aber längst nicht gut

Kolumbien blickt auf viele Jahrzehnte interner Konflikte zurück rund um Landbesitz, Politik und Drogen. Die Hoffnungen auf Frieden, die der Waffenstillstandsvertrag der Regierung mit der grössten Guerillaorganisation FARC 2016 geweckt hat, wurden nur teilweise erfüllt. Neue illegale Gruppierungen sind entstanden ohne Interesse am Friedensprozess. Und der florierende Drogenanbau und -handel, an dem Leute bis in oberste Regierungskreise mitverdienen, heizt die Konflikte an. Darunter leidet die Zivilbevölkerung. Am meisten betroffen sind abgelegene Regionen sowie Regionen in Grenznähe. Dazu gehört die Gegend um Apartadó, die traditionell von der Landwirtschaft lebt, vor allem vom Bananenanbau.

Luz Nelly, wie ist die aktuelle Sicherheitslage in Apartadó?
In einigen Stadtvierteln kämpfen Banden von Jugendlichen brutal mit Messern gegeneinander, auch im öffentlichen Raum. Daraus entsteht ein Teufelskreis aus Opfern, Tätern und Racheakten. Drogen spielen dabei eine Rolle. Diese Gruppen verbreiten Angst in der Bevölkerung, da sie auch in Wohnungen und Geschäfte einbrechen und Passanten überfallen.

Was hat sich seit Beginn des Friedensprozesses verändert?
Vor dem Friedensprozess kam es ständig zu Zusammenstössen zwischen illegalen bewaffneten Gruppen wie der FARC und den Paramilitärs, zu Massakern und Vertreibungen. Nach dem Friedensprozess hat sich die Sicherheit zumindest in Bezug auf die Bewegungsfreiheit in ländlichen und abgelegenen Gebieten verbessert, die Zusammenstösse haben abgenommen. Die Menschen kehren wieder in Gebiete zurück, aus denen sie vertrieben worden sind. 

Haben sich die illegalen Gruppierungen zurückgezogen?
Nein, es operieren weiterhin Gruppen wie der Clan del Golfo in der Region. In der Stadt kontrollieren sie das Drogengeschäft, auf dem Land die Bewegungsfreiheit der Menschen. Sie verhängt Ausgangssperren als Massnahme des Widerstands gegen die Politik der Regierung, um ungestört Drogenhandel zu betreiben, aber auch um Angst in der Zivilgesellschaft zu schüren und die Kontrolle über die Gebiete zu erlangen.

Inwiefern sind Kinder und Jugendliche davon betroffen?
Sie leiden unter der Unsicherheit, die durch die Präsenz von Banden in einigen Stadtvierteln herrscht. Sie können auch Opfer von Raub und körperlichen Übergriffen werden oder sie sind vorübergehend in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. 

Was müsste passieren, um die Sicherheitslage in Apartadó zu verbessern?
Es braucht eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, langfristige Programme und eine inklusive Politik im Bezug auf die städtische Sicherheit. Damit hätten Jugendliche und junge Erwachsene einen besseren Zugang zu Bildung und Arbeit und wären weniger gefährdet, in die Fänge illegaler Gruppen zu geraten. Die Stiftung Presencia hat die Chance, etwas zur Verbesserung der Situation beizutragen, indem sie Jugendlichen Bildung und Ausbildung ermöglicht. Ebenso wichtig ist aber, eine Kultur des Friedens und des gemeinsamen Aufbaus zu schaffen.

Seit mehr als 40 Jahren verbessern wir die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen in Kolumbien.

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