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Stiftung Presencia

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Nina Müller, Geschäftsführerin von Presencia, und Jaime Zuluaga Soto, Leiter der Presencia-Projekte, besichtigen einen Lehrbetrieb. (Foto: Gilabad Monsalve)

Zurück in Medellín

Nach drei Jahren Pandemiepause konnte sich das Presencia-Team wieder vor Ort austauschen. Wichtige Gespräche und Besuche standen auf dem Programm. 

Es war kein Besuch wie in vergangenen Jahren. Drei Jahre lang hatte sich das Presencia-Team wegen der Pandemiemassnahmen nicht mehr physisch gesehen. Umso grösser war die Freude Ende Juni und umso länger die Traktandenliste. Nina Müller, Geschäftsleiterin, und Maria Ebnöther, Kommunikation und Fundraising, verbrachten zwei intensive Wochen mit Team-Besprechungen, Projektbegleitung, Gesprächen mit Begünstigten, Quartier- und Hausbesuchen sowie Besuchen von Ausbildungsstätten und Partnern. 

Selbst erleben, wie vor Ort gearbeitet wird
Braucht es die weite Reise nach Kolumbien? Lässt sich das heutzutage nicht virtuell lösen? «Ohne diese Besuche machen wir unsere Arbeit nicht richtig, weil wir uns kein eigenes Urteil bilden können», sagt Geschäftsleiterin Nina Müller. «Nur vor Ort bekommen wir einen vertieften Einblick in die verschiedenen Projektaktivitäten und ein fundiertes Verständnis für die Lebensbedingungen und Bedürfnisse.» Zwar bestehe durch die langjährige Zusammenarbeit mit dem Team in Kolumbien ein grosses Vertrauen, aber Virtualität ersetze physisches Zusammenkommen nicht, betont sie. 

Neue Mitarbeitende kennenlernen
Weil die staatlich verordnete virtuelle Betreuung der Begünstigten für das Team schwierig und unbefriedigend gewesen war, hatten einige Mitarbeitenden gekündigt. Die offenen Stellen wurden in der Zwischenzeit besetzt. In Medellín bot sich nun Gelegenheit, bestehende Kontakte zwischen dem kolumbianischen und dem Schweizer Team aufzufrischen und neue zu knüpfen. Auch Strategiearbeit stand an, mit der sich das Führungsteam auf verschiedenen Seiten des Atlantiks bereits auseinandergesetzt hatte. Im direkten Austausch wurde das Thema weiterentwickelt. 

Spuren der Pandemie
Alle Projekte der Stiftung arbeiten wieder normal, davon konnte sich die kleine Schweizer Delegation überzeugen. Aber hat die Pandemie auch Dinge verändert? In Medellín hat die Pandemie bestehende Probleme vergrössert. Noch nie habe sie die Kriminalität, die sozialen Probleme, die Unsicherheit der Bevölkerung und die beengten Wohnverhältnisse so krass erlebt, erzählt Nina Müller. «Die Gespräche mit den Menschen in den Armenvierteln haben uns verdeutlicht, wie wichtig und nötig unsere Unterstützung ist.»

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Projekt- und Teamleiterin Sandra im Gespräch mit Begünstigten während einem Ausflug.

Mit viel Erfahrung, Wissen und Herz

Sandra Milena Sánchez Valderrama: Die Frau mit dem klingenden Namen und dem strahlenden Lachen ist eine der wichtigsten Stützen der Stiftung. Ihre eigene Geschichte als ehemalige Begünstigte spiegelt sich in ihrer Tätigkeit. 

Egal, ob für ihr Team, ein Kind oder ein Elternteil: Sandra Milena Sánchez Valderrama ist da und hört zu. Das Lachen der 43-jährigen steckt an. Ihre gewinnende Art hilft ihr in ihrer wichtigen Funktion als Team- und Projektleiterin. Aber es sind vor allem ihre Erfahrung und ihr umfangreiches Wissen, die sie unermüdlich in ihre Arbeit einbringt.

Was war Ihr erster Kontakt mit der Stiftung?
Als ich vier Jahre alt war, wurde ich als Begünstigte aufgenommen. Das war kurz nach der Gründung der Stiftung. Für meine Mutter war das enorm wichtig. Sie hatte sich eben erst unter sehr schwierigen Bedingungen von meinem Vater getrennt. Sie war allein mit drei Kindern, ohne Ausbildung und feste Arbeit.  

Wie hat die Stiftung Ihr Leben beeinflusst?
Dank Presencia konnte ich studieren und wurde zur Fachperson, die ich bin. Die Stiftung hat mich durch mein Leben begleitet. Dabei habe ich enorm viel gelernt – persönlich und als Berufsperson. Ich habe meine eigene Geschichte akzeptiert und bin selbstbewusst geworden. Heute geniesse ich das Leben und freue mich, meine eigenen Fähigkeiten weiterzuentwickeln und gleichzeitig andere in diesem Prozess zu unterstützen. 

Erzählen Sie von Ihrem beruflichen Werdegang.
Schon in der Grundschule wollte ich Lehrerin werden. Deshalb habe ich Vorschulerzieherin studiert. Während des Studiums habe ich bei der Stiftung gearbeitet, zunächst als Projektassistentin, dann als Erzieherin und später als Projekt- und Teamleiterin. Ich habe unten angefangen, aber dank meiner Bemühungen und Disziplin wurde ich befördert. So habe ich ein sehr gutes Verständnis für die Projekte und alle möglichen Situationen entwickelt. Ich habe mich dann auf Bildungsmanagement spezialisiert. 2018 hat mich die soziale Situation im Land dazu motiviert, den Masterstudiengang "Frieden, Entwicklung und Staatsbürgerschaft" zu absolvieren. Alle meine Ausbildungen zusammen mit meiner Erfahrung bei der Stiftung waren für mich sehr wichtige Lernerfahrungen. 

Welche Aufgaben haben Sie heute in der Stiftung?
Ich leite die sozialen Projekte und bin fürs Qualitätsmanagement der lokalen Presencia-Organisation zuständig. Ausserdem begleite ich das lokale Fachkräfte-Team bei der Umsetzung der Richtlinien und der Philosophie der Stiftung Presencia. Und ich koordiniere die Kontakte mit unseren Partnerinstitutionen, die Hilfe gegenüber den Begünstigten, erstelle Berichte für die Schweiz und bin immer bereit, erzieherische Prozesse zu begleiten.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit? 
Am meisten gefällt mir der Umgang mit den Menschen. Das bereichert mein Leben enorm. Ausserdem macht es mich glücklich, dass meine Arbeit Kindern und Jugendlichen Chancen eröffnet, damit sie wie ich ein besseres Leben finden können. 

Welche Themen interessieren Sie am meisten? 
Beruflich sind das Qualitäts- und Logistikprozesse sowie die Gestaltung und Entwicklung von Arbeitsmethoden. Und die Lebensgeschichten der Menschen. Persönlich interessiere ich mich zum Beispiel für Kulturen und verschiedene künstlerische Ausdrucksformen. Und ich geniesse die Vielfalt der Natur. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Stiftung? 
Ich wünsche mir, dass die Stiftung überdauert, kreativ ist und in der Lage, sich an die Bedürfnisse der kolumbianischen Realität und ihrer Generationen anzupassen. Und dass sie ihre humanistischen Prinzipien der Zusammenarbeit und Solidarität bewahrt.

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Schwere Last auf starken Rücken: Die Blumenbilder an der Feria de las Flores. (Bild: David Orchard)

Sag es mit Blumen

Medellín wird die «Stadt des ewigen Frühlings» genannt. Was passt da besser ins Bild als ein Stadtfest im Zeichen blühender Blumen? Immer im August ist es soweit. 

Tausende Schaulustige säumen die Strassen, wenn in Medellín die mehrtägige Feria de las Flores stattfindet. Das grösste Fest im Jahreskalender der Stadt findet seit 1957 statt, zu Beginn im Mai, später im August. Im Mittelpunkt steht die Kultur des Departementes von Antioquia. Sie wird mit über 450 Veranstaltungen in allen Quartieren der Stadt gefeiert. Oldtimerschau, Pferdeumzug, Konzerte – es gibt für jeden Geschmack etwas. Sogar typische Häuser der verschiedenen, mit Delegationen vertretenen, Dörfer werden im Kleinformat nachgebaut. Dort verpflegt sich das Publikum mit traditionellen Gerichten und Getränken. 

Schwere Blumenlast
Das grosse Highlight und der Ursprung des Fests ist der einzigartige Umzug der Blumenbilder, begleitet von Musik- und Tanzgruppen. Nicht nur einfache Blumengestecke, ganze Blumengemälde mit Botschaften können dabei bestaunt werden. Gemacht und getragen werden sie von den Menschen der Dörfer der Region, die damit stolz ihre grosse Fertigkeit unter Beweis stellen. 

Alte Tradition weitergeführt
«Silleteros» heissen die über 500 Männer, Frauen und Kinder in traditionellen Kleidern, welche die Blumenbilder auf Holzgestellen auf dem Rücken tragen. Die grössten Blumengestecke sind über 100 Kilogramm schwer. Angefeuert vom Publikum drehen sie sich immer wieder um die eigene Achse, damit die Blumenpracht von allen Seiten bestaunt werden kann. Der Name «Silleteros» stammt vom Wort für Stuhl, «silla». Bevor Tiere dafür zur Verfügung standen, trugen Menschen Stühle oder Holzgestelle auf dem Rücken, um Familienmitglieder, Waren oder andere Personen zu transportieren. So legten sie auch in schwierigem Gelände viele Kilometer durch die Anden zurück. Heute wird die Tradition an der Feria de las Flores weitergeführt – zur Freude des nationalen und internationalen Publikums.